Call for evidence (2): Zweite Fragerunde startet mit einem großen Webfehler

Am 06. Juni 2024 gab es ein weiteres Webinar der ECHA zum Thema „Beschränkung (engl. Restriction)“.

Am 06. Juni 2024 gab es ein weiteres Webinar der ECHA zum Thema „Beschränkung (engl. Restriction)“. Es handelte sich um vier aufeinanderfolgende Videopräsentationen zum Thema, das uns alle derzeit beschäftigt. Eine wirkliche Interaktion mit den Betrachtern fand nicht statt, weil Fragen nur schriftlich beantwortet wurden. Die wesentliche Information ist, dass der Geltungsbereich der Beschränkung um 10 weitere Stoffe erweitert wurde. Aus diesem Grund wird ein zweiter Call for evidence gestartet und das Datum für die Veröffentlichung des Entwurfs der Beschränkung verzögert sich um ein halbes Jahr. Der zweite Call for evidence läuft vom 05. Juni 2024 bis zum 15. August 2024. Ziel ist die Lücken der ersten Fragerunde zu schließen und Informationen zu den neuen Substanzen, wie zum Beispiel Bariumchromat, zu sammeln. Allerdings kommt mit dem zweiten Fragebogen zu den Alternativ­technologien diesmal noch ein weiteres Element hinzu. Dies ist ebenfalls nachvollziehbar; nicht jedoch die Zielgruppe dieser Fragerunde. Der Fragebogen richtet sich ausschließlich an Anbieter von Alternativtechnologien oder Firmen, die bereits erfolgreich substituiert haben. Erfahrungsberichte zu ergebnislosen Substitutions­bemühungen sucht man ebenso vergebens, wie ein Instrument zur Über­­prüfung dieser Aussagen. Dies ist nach unserem Dafürhalten ein schweres Versäumnis und muss unbedingt in den nächsten Tagen und Wochen thema­tisiert und an die geeigneten Stellen adressiert werden.

Die Ergebnisse des ersten Call for evidence

Grundsätzlich ist die ECHA mit den Ergebnissen des ersten Call for evidence zufrieden. Die Response Quote lag mit 647 Antworten im zufriedenstellenden Bereich. Ausdrücklich gelobt die Anzahl und Qualität der Antworten im Bereich Hartchrom, wo die ECHA nach Einschätzung von Dr. Rheinberger mittlerweile ein klares Bild über die Risikosituation und die Folgen der alternativen Grenz­wertszenarien hat. Die Ergebnisse, in Relation zu den vorgeschlagenen Grenzwerten, wurden in einem Balkendiagramm (siehe Anlage) dargestellt. Eine Aussage zur Interpretation gab es natürlich nicht, jedoch konnte man zwischen den Zeilen heraushören, dass die Gefahr der Abwanderung und Schließung bei den beiden niedrigsten Grenzwerten von der ECHA deutlich wahrgenommen wird.

Weniger gut sieht die Datenlage in den Sektoren Luftfahrt, Verteidigung und der Verchromung von Kunststoffen aus. Aus diesem Grund wird unter anderem die zweite Fragerunde gestartet.

Wer soll jetzt eigentlich beim zweiten Call for evidence mitmachen?

Firmen, die beim ersten Mal noch nicht teilgenommen haben oder Firmen aus den zuvor beschriebenen Sektoren. Darüber hinaus natürlich Anwendungen aus dem Bereich der zusätzlich aufgenommenen Substanzen.

Zum Abschluss möchten wir noch einmal auf den Fragebogen zu den Alternativ­technologien zu sprechen kommen. Auf den ersten Blick könnte man es für ein Versäumnis halten, dass Unternehmen nicht befragt werden, die nicht substituieren können. Sind doch die Beschichtungsunternehmen und deren Kunden, diejenigen, die die Anwendungen und die spezifischen Besonderheiten aus der Praxis am besten kennen. Warum also nicht auch diese Unternehmen befragen um ein komplettes Bild der Situation zu bekommen?

Aus unserer Sicht ist dies ein extrem kritischer Aspekt. Es besteht die Gefahr, dass eventuelle Ausnahmesektoren von der Beschränkung auf der Basis einseitiger Informationsdarstellung definiert werden. Dem muss entschieden entgegen­getreten werden.

Weitere Informationen zur Beschränkung sowie die Links zum Call for evidence und zum ECHA-Webinar finden Sie in beiliegendem Dokument. Die Folien der Veranstaltung sind als Anlage beigefügt.

Vorstand Vecco

 

Kommentar Vorstand:

 

Ein Plädoyer für Frösche

Was haben Frösche mit der Restriction zu tun? Auf den ersten Blick nicht viel; wenn man den zweiten Call for evidence betrachtet mehr als man denkt. Warum, das möchte ich Ihnen heute kurz darlegen:

Gerne präsentiere ich auf meinen Vorträgen auch unsere Arbeit im vecco:net, dem Innovationsnetzwerk für nachhaltige Beschichtungstechnologie. Als großen Erfolg erachte ich, dass wir in diesem Netzwerk gemeinsam mit Anbietern von Alternativtechnologien An­wendungen bewerten und Substitutionsmöglichkeiten gemeinsam diskutieren. Als ich dies beim Regulatory Summit 2024 von Chemical Watch in Brüssel präsentierte, wurde ich von der Vertreterin eines bekannten NGO`s angesprochen.  Zum gleichen Thema zitierte diese Dame eine alte deutsche Volksweisheit: „Wenn man einen Sumpf trockenlegen will; darf man nicht die Frösche fragen“. Ich hatte schon damals zu einem leidenschaftlichen Plädoyer für die Frösche, bzw. die Beschichtungsunternehmen, angesetzt. Das gleiche müssen wir jetzt tun, sonst werden eventuelle Ausnahmesektoren von der Beschränkung auf der Basis einseitiger Informationsdarstellung definiert.

Es geht um unsere Zukunft und da bedarf es schon einer differenzierten Betrachtung. Wenn ich auf Veranstaltungen, wie unlängst auf dem EFDS (Europäische Forschungsgesellschaft für dünne Schichten) Präsentationen von Alternativtechnologien anschaue, ist es immer das gleiche Bild: Eigentlich sind alles sogenannte Jump-In Technologien und der Hartchrom Schicht meilenweit überlegen. Man fragt sich warum nicht längst alles schon substituiert ist. Kaufmännische Aspekte werden meisten überhaupt nicht dargestellt, wobei die Technologie nach dem SAGA-Konzept der EU-Kommission für den Antragsteller ökonomisch umsetzbar sein muss. Auch Sicherheitsaspekte, wie zum Beispiel die Gefahr von Schweißrauchen, werden erst auf Nachfrage diskutiert. Das jüngste „Aha-Erlebnis“ hatte ich auf einem Vortrag auf der Surface Technology 2024. Ein Unternehmer präsentiert stolz die erfolgreiche Umstellung seiner Anlagen auch die Cr(III) Technologie für Kopfstützbügel in der Automobilindustrie. Alles viel besser als Cr(VI). Auch die Problematik mit den Komplexbildnern in der Abwasseranlage und das Problem der Nickellässigkeit sei geklärt. Auf Nachfrage musste die Fachfirma, die zur Unterstützung mit auf dem Podium war, jedoch eingestehen, dass der Lebensmitteltest noch nicht bestanden wurde. Schichtdicken liegen im Anwendungsfall Kopfstützbügel bei 0,5 µm. Die meisten unserer Mitglieder im Bereich Hartchrom oder Lebensmittelanwendungen sind jetzt schon raus. Aber wer sagt das der ECHA? Wer sagt das den Menschen, die die Ausnahmesektoren einer Beschränkung definieren. Wer erhebt die Stimme, wenn die Beschichtungs­unternehmen nicht gefragt werden.

Es ist also an der Zeit ein Plädoyer für Beschichtungsunternehmen zu halten.

Wir wollen das gerne für Sie tun.

Schöne Grüße Ihr

Mathias Enseling

 

Vorstand Vecco e.V.