Vorstandskommentar

Vorstand: Matthias Enseling

„Wasch mich aber mach mich nicht nass“

Die EU-Kommission hat ein neues Q&A Dokument veröffentlicht. Neben allgemeinen Informationen zur kommenden Beschränkung und Chemservice-Entscheidung gibt es auch wichtige Hinweise für zukünftige Autorisierungen. Da wir uns gerade mit den Clustern aus­führlich mit diesen Themengebieten beschäftigen sind diese sehr hilfreich und somit auch willkommen. Das Dokument lässt keinen Zweifel daran, dass die Beschränkung kommen soll. Als frühester Einführungstermin wird Ende 2026 genannt. Ob das realistisch ist darf durchaus bezweifelt werden.

Von daher ist es richtig sich im Moment an die derzeitige Rechtslage zu halten. Und die heißt Anhang XIV und das bedeutet Autorisierung. Aber gelten diese dann überhaupt noch, wenn die Beschränkung in Kraft ist?

Das Q&A Dokument sagt dazu erstmal „nein“. Mit dem Streichen von Anhang XIV verlieren auch Autorisierungen ihre Gültigkeit.  Warum also die ganze Anstrengung jetzt noch?  Warum hunderte Seiten von Dossiers produzieren und Bearbeitungsgebühren bezahlen?

Im Dokument wird darauf hingewiesen, dass es Ausnahmen von der Beschränkung, sogenannte „Derogations“ geben wird. Diese Segmente, für die eine Ausnahme der Beschränkung gelten soll, werden auch anhand von erlassenen Zulassungen oder aktuellen Zulassungsanträgen definiert. Es ist also eine Chance sich das Weiterarbeiten mit Chromtrioxid in der neuen Regulierungsform „Beschränkung“ abzusichern. Und wer sagt eigentlich, dass die Mitglieds­staaten sich am Ende des Diskussionsprozesses auch wirklich auf eine Beschränkung einigen können?

Trotzdem muss man sich gut überlegen, wie und was man autorisiert. Auch hierfür hat die EU-Kommission ein paar Tipps im Dokument verarbeitet:

Wenn dennoch beschlossen wird, einen neuen Antrag zu erstellen und einzureichen, werden nachgeschaltete Anwender ermutigt, gemeinsame Anträge mit anderen nachgeschalteten Anwendern zu erstellen, sofern ihre Verwendung dieselbe ist und ihr Ansatz in Bezug auf die Risikomanagementmaßnahmen und die daraus resultierende Leistung in Bezug auf die Expositions- und Emissionswerte homogen ist.“/[1]/

Mit anderen Worten sind hier gerade die Clusterautorisierungen beschrieben, die wir gerade bearbeiten. Bei den Risikowerten wird explizit darauf hingewiesen, dass Messwerte aller Antragsteller vorliegen müssen und diese gemessen sein müssen. Risikomanagement­maß­nahmen und die „Conditions of use“ müssen in der Gruppe harmonisiert werden; alles Dinge die unser Clusterkonzept berücksichtigt.

Spannend wird es jedoch gleich zweimal beim Stichwort Detaillierungsgrad. Sowohl bei der Analyse der Alternativen, wie auch bei der Beschreibung der Anwendung (Use) soll, bzw. darf vereinfacht, bzw. homogen gruppiert werden. Ohne gleich im nächsten Satz mit der Einschränkung um die Ecke zu kommen. Eine reine Bezugnahme auf die wesentlichen Leistungsfunktionen und die Nennung von Beispielprodukten würde dieser Anwendung nicht genügen. Dehnbare Formulierungen, wie „verschiedene Artikel“ oder die „Nennung von Schlüsselfunktionen“ genügen nicht um die Anforderungen der Beweislast zu erfüllen.

Das ist absolut unrealistisch. Wie soll man sonst über 10,000 Produkte eines Lohnbeschicht­ers bewerten? Wie passt das Geschäftsmodell des Lohnbeschichters überhaupt in die Gedank­enwelt dieser Theoretiker?

Der Beweislast kann also nur genüge getan werden, wenn jede Artikelgruppe hinreichend zugeordnet werden kann. Dies erzeugt im Zweifel endlose Listen und Anhänge in den Dossiers, die wieder kein Mensch prüfen kann. Wird dies dazu führen den Prozess zu beschleunigen und das Binnenwirtschaft in der EU zu stärken.

„Wasch mich aber mach mich nicht nass“

Ich bezweifle ernsthaft, dass uns das alles in Europa voranbringt. Ein gewisser Pragmatismus würde die Gesundheitsziele von REACH erreichen und gleichzeitig die Wirtschaft stärken. Andere Wirtschaftsräume wie die Schweiz oder UK REACh machen es uns vor.

In England bekommen sogar dekorative Anwendungen Zulassungen. Dagegen wird in Europa das Instrument der Mengenreduzierung bei diesen Anwendungen eingesetzt. Der Prozentsatz wird dabei mit 50 % sehr hoch angesetzt. Das soll die Substitution in diesem Segment fördern. Dies mag in einzelnen Marksegmenten funktionieren. Wenn ich jedoch nicht substituieren kann bedeutet eine Mengenreduzierung von 50 % auch nur noch den halben Umsatz. In vielen Fällen heißt das Non-Use Szenario dann Schließung oder Verlagerung in einen anderen Wirtschaftsraum.

Matthias Enseling

 


[1] Q&A No.2_Potential restriction on Cr(VI) substances